30
raffte das gelbe Fieber die Franzosen schaarenweise hin, und sie mußten 1803
froh fein, daß Deffaliñes dem Ueberreste den Abzug gewährte.
106. Hinrichtung Ludwig s Xvl. — S chicksal der köni glichen
Familie.
(Ludwig Xvi. im Tempel. Mordscenen in Paris 2—7. Sept. 1792. Prinzessin Lamballe.
Nationalconvent. Robespierre, Danton, Marat u. s. w. Jakobiner, Cordeliers und
Girondisten. Prozeß Ludwigs. Hinrichtung des Königs 21. Jan. 1793, der Königin
18. Oct. 1793, der Prinzessin Elisabeth 10. Mai 1794. Schicksal des Dauphins; sein
Tod 8. Juni 1795.)
Wir kehren nach Europa zurück, um zu erzählen, was in Frankreich
geschah, nachdem der unglückliche Ludwig am 13. August 1792 in den Tem-
pel eingeschloffen war. Die Jakobiner frohlockten, daß ihr Plan gelungen
war; dabei wollten sie aber nicht stehen bleiben. Da sie der Zahl nach
schwach waren, so mußten sie, was ihnen an Menge abging, durch Kühn-
heit und Schrecken ersetzen. Am 2. September wurde der Generalmarsch ge-
schlagen und die Sturmglocken geläutet, und Danton, einer der kältesten
und mordsüchtigsten Jakobiner*), befahl, daß alle Thore geschlossen, alle
Straßenecken besetzt, und dann in den Häusern nach den Anhängern des
Königs (Aristokraten) gesucht werden sollte. Alle, nur einigermaßen als
Gegner der Revolution verdächtige Personen, namentlich einige hundert Prie-
ster, wurden in die Gefängnisse gesperrt, und ein Blutgericht über sie nie-
dergesetzt. Um die Verurtheilten recht geschwind hinrichten zu können, hatte
man eine Köpfmaschine, die Guillotine, erfunden, welche der Maschine glich,
mit welcher man Balken in die Erde zu rammen pflegt. An dem in der
Mitte befindlichen Klotze war ein scharfes Beil befestigt; der Körper des
Verurtheilten wurde, auf ein Bret gebunden, unten hingelegt; man ließ die
Schnur los, das Mordbeil fiel herab, und trennte augenblicklich den Kopf
vom Rumpfe. Allein in jenen ersten Tagen des Septembers ging auch diese
Maschine noch zu langsam zu Werke; man verfuhr kürzer. Nach jedem Ge-
fängnisse begab sich einer aus dem Bürgerrathe — einer derselben war der
berüchtigte Maillard — und setzte sich vor dem Ausgange desselben an einen
Tisch, auf dem man in wilder Unordnung Weinflaschen, Gläser, Tabacks-
pfeifen, Schreibmaterialien, Schwerter, Dolche u. A. erblickte. Um ihn
herum standen gedungene Mörder mit aufgestreisten Aermeln, weißen Schür-
zen, und einen Säbel oder eine Keule in der Faust. Dann ließ der Richter
einen Gefangenen nach dem andern herbeiführen, fragte ihn nach feinem
Namen, und wenn er in seiner Liste fand, daß Danton bei demselben das
Zeichen gemacht hatte, daß er sterben sollte, so rief er: „Laßt ihn los!"
*) Er gehörte zu denen, die in der Revolution das meiste Blut vergossen haben.
Mit der größten Gleichgültigkeit sprach er Todesurtheile aus. Von Religiositäl hatte er
keinen Begriff; ja er glaubte, daß mit dem Tode Alles aus sei; darum fürchtete er sich
vor keiner künftigen Vergeltung. Dennoch war er nicht der Schlechteste, und stand na-
mentlich über Marat und Robespierre. Denn er hatte doch eine empfindliche Seite des
Gemüths: er liebte seine alte Mutter und seine Frau über Alles, und hing mit Treue
an seinen alten Freunden. Als seine Frau sich über seine blutigen Verbrechen zu Tode
grämte, hätte er sich fast vor Kummer das Leben genommen.
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T169: [Hand Kreuz König Krone Schwert Zeichen Haupt Gold Mantel Kaiser], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer]]
Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Ludwig_Xvi Ludwig Danton Ludwigs Elisabeth Ludwig Ludwig August Danton Danton
Endlich erreichte das Feuer die Pulverkammer, und mit einem Alles betäuben-
den Krachen flog das Schiff sammt 120 Kanonen und mehr als 500 Men-
schen in die Luft. Mehrere Minuten schwieg der Kanonendonner, und selbst
die englischen Schiffe zogen sich vor Entsetzen zurück; dann aber begann die
Schlacht mit neuer Kraft, und zuletzt entkamen nur vier französische Schiffe;
alle übrigen waren genommen oder zerstört.
Bonaparte erkannte die Gefahr seiner Lage; nun war er von
Frankreich abgeschnitten, und jeder Zufuhr beraubt. Noch schlimmer war,
daß der Sultan (Selim Iii.) den Franzosen den Krieg erklärte, und sich
rüstete, ein Heer nach Aegypten zu schicken. Dennoch verlor jener die Fassung
nicht; er zeigte den murrenden Soldaten stets ein freundliches Gesicht, und
trug willig jede Beschwerde mit ihnen; nur so konnte er den Unmuth des
Heeres unterdrücken. Unter- und Mittel-Aegypten waren schnell erobert
worden; dann schickte er den General D esa ip nach Ober-Aegypten, und auch
dies wurde nach einem Siege über Murad-Bey unterworfen; aber nur da,
wo ein Heer stand, waren die Franzosen Herren des Landes, und nur in Be-
gleitung von Soldaten konnten die Gelehrten ihre Beobachtungen anstellen.
Dabei war eine drückende Hitze; in dem Thale der Königsgräber bei Theben
erstickten einige Offiziere an der entsetzlichen Schwüle, und der feine Sand
der Wüsten verursuchte eine gefährliche Augenkrankheit, an welcher Viele er-
blindeten. Als nun endlich unter dem Volke bekannt wurde, daß der Sultan
den Krieg erklärt habe, und die Franzosen verlangten, daß jeder Einwohner
eine dreifarbige Cocarde an seinen Turban stecken sollte, brach in Cairo
(22. und 23. October 1798) ein fürchterlicher Aufstand aus, bei welchem viele
Franzosen von den erbitterten Einwohnern ermordet wurden. Schnell eilte
Bonaparte herbei, und erst nach zwei Tagen gelang es ihm, die Empörung
durch Waffengewalt nach einem fürchterlichen Gemetzel zu unterdrücken. In-
dessen erfuhr er, daß die Pforte den alten, aber kraftvollen und grausamen
Achm et Dghezzar, Pascha von Akre, auch zum Pascha von Syrien und
Aegypten ernannt habe, und daß dieser sich rüste, mit einem Heere über Suez
einen Einfall zu machen. Schnell war sein Entschluß gefaßt, nach Syrien
zu gehen, und ihm zuvorzukommen. Er ließ die nöthigsten Besatzungen zu-
rück, und wandte sich mit dem Ueberreste nach Syrien
Im Februar 1799 brach er mit 12,000 Mann dahin auf. Jaffa in
Palästina wurde mit Sturm genommen und schrecklich verwüstet. Außer den
hier gefangen genommenen Muselmännern führte er noch einige Tausend, die
er in einer andern Festung (el Arisch) gefangen hatte, bei sich. Es waren
ihrer zusammen 4000. Er hatte ihnen zwar freien Abzug versprochen; aber er
besorgte, sie möchten dann wieder gegen ihn dienen, und sie mit sich durch die
Wüste zu führen, schien ihm wegen Mangel an Lebensmitteln gefährlich.
Daher befahl er, sie sämmtlich niederzumetzeln. Vergebens machte ihm Ge-
neral Kleber Vorstellungen: er werde durch diese empörende Grausamkeit
das ganze Land gegen sich aufbringen. Er ließ die Unglücklichen an das
Ufer des Meeres führen, in einzelne Hausen ausstellen; dann winkte er, und
nun wurden sie theils erschossen, theils mit dem Bajonett niedergestochen.
Aber die Strafe folgte der Gräuelthat auf dem Fuße nach. Die Nachricht
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff], T89: [Stadt Spanien Insel Land Jerusalem Reich Afrika Jahr Araber Herrschaft]]
TM Hauptwörter (200): [T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T186: [Stadt Insel Hauptstadt Tunis Handel Afrika Land Hafen Küste Algier], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer]]
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Theben Cairo Syrien Syrien Syrien Jaffa Palästina
64
davon durchflog das Land, und versetzte die Einwohner in eine gränzenlose
Wuth. Zugleich brach die Pest im französischen Lager aus, und raffte die
Soldaten zu Hunderten weg. Bonaparte schickte zwei Abgesandte nach ein-
ander an Dghezzar Pascha, und ließ ihm seine Gnade anbieten, wenn er sich
unterwürfe. Der Alte aber gab ihm keine Antwort, und ließ die Boten in
das Meer werfen. Nun wurde Akre (oder St. Jean d'acre) bestürmt, aber
hier scheiterte sein Glück zum ersten Male. So fest wie Dghezzars Sinn
waren auch die Mauern der Stadt; zudem war der englische Admiral S i d-
ney Smith herbeigeeilt, und that den Franzosen mit seinen Schiffen un-
endlichen Schaden. Feindliche Schaaren zogen über das Gebirge hernieder,
um sie von allen Seiten einzuschließen, und endlich, nach acht vergeblichen
Stürmen, gab er den Befehl, die Belagerung aufzuheben, und den Rückmarsch
nach Aegypten anzutreten. Aber das Geschütz konnte man aus Mangel an
Pferden nicht fortschasfen; es wurde daher ins Meer geworfen. Schrecklich
war die Lage der pestkranken Franzosen in dem Lazareth zu Jaffa. Sie mit-
zunehmen, war bei dem Mangel an Wagen und Arznei nicht allein schwierig,
sondern es drohte dabei der ganzen Armee die Gefahr der Ansteckung und
des Unterganges. Dem nachrückenden Feinde wollte Bonaparte sie nicht
überlassen; er befahl, sie zu vergiften. Entschieden weigerte sich dessen der
Oberarzt; aber ein weniger gewissenhafter Apotheker unterzog sich dem un-
menschlichen Befehle, und reichte ihnen das Gift. Auch auf dem Rückzuge
verfuhr Bonaparte mit grausamer Schonungslosigkeit, und verwüstete jeden
Ort. Mit 8000 Mann langte er endlich im Juni 1709 in Cairo wie-
der an.
Ehe wir sehen, welches das endliche Schicksal des ägyptischen Heeres
war, müssen wir erzählen, was indessen in Europa geschehen war. Die
vielen Gewaltthaten des Directorinms hatten längst Oestreich und die andern
Fürsten Europa's gegen Frankreich aufgebracht; aber die Furcht hielt sie zu-
rück, einen neuen Krieg anzufangen. Kaum war jedoch der gefürchtete Bona-
parte mit deni Kerne des Heeres aus Frankreich entfernt, als der Krieg un-
verzüglich beschlossen wurde. Zuerst brach der König von Neapel, Ferdi-
nand (1759—1825), los; denn hier war die größte Erbitterung gegen
Frankreich. Ferdinand selbst zwar bekümmerte sich mehr um Hirschjagden
und Fischfang als um die Welthändel, aber die Königin Caroline, eine
Schwester der hingeopferten Maria Antoinette, war eine wüthende Fram
zosenfeindin. Im November 1798 rückte das neapolitanische Heer vor, nahm
Rom ein, und wurde hier vom Volke mit Frohlocken empfangen. Aber die
Freude war bald aus. Die Franzosen unter General Championet sam-
melten sich schnell, warfen die Neapolitaner zurück, und — Ferdinand und
Caroline hielten sich nun nicht einmal mehr in Neapel sicher; sie schifften
sich eiligst nach Sicilien ein. Der Statthalter (Prinz Moliterno), den sie
zurückgelassen hatten, sah sich genöthigt, die Sieger um einen Waffenstillstand
zu bitten. Dieser wurde zwar auch gegen eine schwere Kriegscontribution
bewilligt; aber nun erregten die Lazzaroni einen wilden Aufruhr, verjagten den
Statthalter, plünderten und raubten, und die rechtlichen Einwohner mußten
daher froh sein, als die Franzosen, stürmend und mit den Lazzaroni fechtend
(22. und 23. Jan. 1799), in die Stadt einzogen, und dem Tumult nach
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister]]
TM Hauptwörter (100): [T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T197: [Italien Mailand Stadt Rom Venedig Neapel Republik Kaiser Genua Sardinie], T186: [Stadt Insel Hauptstadt Tunis Handel Afrika Land Hafen Küste Algier], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer]]
Extrahierte Personennamen: Dghezzar_Pascha Jean Smith Ferdinand Maria_Antoinette Maria Ferdinand Caroline Moliterno
Extrahierte Ortsnamen: Jaffa Cairo Europa Frankreich Frankreich Neapel Frankreich Rom Neapel Sicilien
54
suchten. Die Andern wurden immer näher und näher nach der Landspitze getrieben,
und hatten nur die Wahl, vom Meere ertränkt, oder von den Kartätschen
ihrer Landsleute zerschmettert zu werden. Endlich bot der edle Hoche ihnen
Verzeihung au, wenn sie sich ergäben. Aber der schändliche Tallien und
andere anwesende Conventsdeputirte drangen auf Hinrichtung der Gefangenen,
und sie mußten eines grausamen Todes sterben*). Sie starben mit Fassung
wie Männer; mehrere schenkten vorher den zerlumpten Republikanern, die
sie erschießen sollten, ihre Röcke. Artois schiffte sich mit den Engländern
wieder ein.
Die Gemäßigten im Convente hatten sich indessen mit Verfertigung
einer neuen Verfassung, der dritten seit 6 Jahren, beschäftigt, an welcher der
schlaue Abbe Sieyes den größten Antheil hatte. Ehe sie aber noch bekannt
gemacht wurde, kam es noch einmal zum Blutvergießen in Paris. Die roya-
listisch gesinnten Bürger waren unzufrieden, daß die Mitglieder des Convents
sich auch in die neue Regierung eindrängen wollten, und da sie laut äußerten,
sie würden das nicht zugeben, so bewaffnete der Convent den Pöbel von
St. Antoine und St. Marceau, und übertrug dem Corsen Bonaparte, der
zeither ohne Anstellung in Paris gelebt, weil er zu den Freunden Robes-
pierres gehört hatte, den Oberbefehl. Dieser Mann ließ plötzlich (5. Oct.
1795, 13. Vendemiaire) die Bürger, als diese gegen die Tuilerien anrückten,
angreifen, und schmetterte durch Kartätschen 2000 Einwohner nieder. Nun
mußte man sich wohl fügen. Am 26. October 1795 wurde der National-
convent nach einer dreijährigen Dauer geschlossen. Die neue Verfassung ver-
ordnet, daß ein Rath von 500 Männern das Recht haben sollte, Gesetze
vorzuschlagen, ein Rath von 250 (der Rath der Alten) sollte sie prüfen,
und entweder annehmen oder verwerfen, und fünf Directoren die aus-
übende Gewalt, d. i. die eigentliche Regierung, haben. Von nun an wurde
die Todesstrafe abgeschafft, und den Vendeern Frieden angeboten, so daß seit
Anfänge des Jahres 1796 in Frankreich selbst der Frieden wieder herge-
stellt war.
Nicht so war es mit dem auswärtigen Kriege, der noch einige Jahre
fortwährte. Nach dem Siege der Franzosen bei Fleurüs 26. Juni 1794
gingen diese schnell nach der holländischen Gränze zu, wo Engländer und
Hannoveraner standen, sich aber ohne viele Gegenwehr zurückzogen. Piche-
gru, der vom gemeinen Soldaten bis zum General emporgestiegen war, ein
Mann von herkulischem Körperbau und edeln Gesinnungen, erhielt vom Con-
vente den Befehl, die Niederlande einzunehmen, was auch den Soldaten um
*) Daß Tallien nicht seinem Lohne entronnen sein wird, ist leicht zu vermuthen.
Er überlebte die Revolution, lebte aber arm und verachtet in Paris. Alle seine Schand-
thaten hatten ihm nicht einmal ein hinlängliches Auskommen gesichert. Entkräftet von
Alter und Armuth lag er 1820 sterbend auf einem Dachstübchen. Einer seiner Freunde,
der ihn in diesem Zustande verließ, begegnete unweit des Hauses einem vorüberreitenden
Minister des Königs, redete ihn an, und bat für einen Sterbenden, der die größte Noth
leide, um schleunige Hülfe. Wie erstaunte der Minister, als er auf sein Befragen erfuhr,
daß der berüchtigte Tallien der Leidende sei. „Wie gerecht sind deine Wege, o Gott!"
rief er gen Himmel blickend, eilte nach Hause, und schickte ihm sogleich Hülfe, damit er
ruhig sterben könnte.
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief]]
Extrahierte Personennamen: Artois Antoine
Extrahierte Ortsnamen: Paris Corsen_Bonaparte Paris Frankreich Fleurüs Niederlande Paris
44
der Verzweiflung 70 Tage lang verteidigte, so mußte sie sich doch endlich,
durch Hunger gezwungen, zur Uebergabe entschließen (0. Octbr. 1793). 3000
wollten sich in der Nacht durchschlagen, wurden aber, etwa 50 ausgenommen,
sämmtlich niedergehauen. Als nun die Sieger einzogen, begannen die em-
pörendsten Schandthaten. Man fing damit an, besondere Ausschüsse nieder-
zusetzen, einen für die Hinrichtungen, einen andern für die Einziehung des
Vermögens, und einen dritten für die Niederreißnng der Häuser. Zuerst
richtete man mit der Guillotine hin, die Tag und Nacht in Bewegung war.
Aber auch das ging noch zu langsam. Der Convent in Paris hatte aus-
drücklich recht blutgierige Menschen als Abgeordnete nach Lyon geschickt.
Collot d'herbois, ein entsetzlicher Unmensch, war einer derselben. Er
war sonst ein schlechter Schauspieler gewesen, und einst auf dem Theater in
Lyon ausgepfiffen worden; jetzt nahm der Bösewicht blutige Rache. Die Ver-
urtheilten wurden haufenweise durch Kartätschenschüsse niedergeschmettert, andere
durch Flintenfeuer, während noch andere in den Fluß hinabgestürzt wurden.
Diejenigen Frauen, welche vor den Thüren der Abgeordneten auf ihren
Knieen um Begnadigung ihrer Männer baten, wurden zur Strafe für dies
unpatriotische Betragen sechs Stunden lang an die Pfosten der Guillotine ge-
bunden, und von dem Blute der Enthaupteten bespritzt.
Toulon hatte sich, um nicht ein ähnliches Schicksal zu erfahren, den
Engländern und Spaniern ergeben. Das verdiente eine nachdrückliche Züch-
tigung. Eine Belagerung, die der junge Bonaparte, damals Artillerie-
Offizier, mit Umsicht leitete, zwang (19. Decbr. 1793) Toulon, sich zu er-
geben, nachdem die Fremden die Flucht ergriffen hatten. Hier erneuerten sich
die Scenen von Lyon. Die meisten Gebäude wurden zerstört, und die Ein-
wohner durch Kartätschenschüsse ermordet. Gonaparte wurde bald darauf zur
Belohnung zum Brigadegeneral ernannt. Der nach Toulon bestimmte Ab-
geordnete, Barras, versicherte, er habe in Toulon keine ordentlichen Leute
mehr gefunden, als Galeerenselaven.
Noch entsetzlicherwürgte ein Ungeheuer, Carrier, in Nantes unter den
gefangenen Vendäern. Recht erfinderisch in Todesqualen, ließ er, nachdem
er sie zu Hunderten hatte todtschießen lassen, Schiffe bauen, die mit Fall-
thüren versehen waren, und diese öffneten sich, sobald sie sich in der Mitte
des Flusses befanden, damit das Wasser sie mit einem Male verschlänge.
Oder er ließ Zwei und Zwei zusammenbinden, und so in den Strom stürzen.
Negersclaven mußten die Kinder der Vendeer herbeischleppen, und, während er
auf einem Schiffe eine üppige Mahlzeit hielt, sie vor seinen Augen in den
Fluß werfen; daran weidete er seinen Blick, und scherzte, wenn die Kinder
vor Todesangst schrieen, über das Geheul seiner jungen Wölfe!
Der revolutionäre Unsinn und die blutige Tyrannei hatte eine solche
Höhe erreicht, daß sie kaum noch höher steigen konnte, und daher ein Rückfall
zu erwarten war. Danton, sonst einer der heftigsten Beförderer der Re-
volution, der vor keinem Verbrechen zurückschauderte, wenn es seinen Ab-
sichten diente, war des Mordens jetzt überdrüssig geworden, und entsetzte sich
selbst über die Unthaten, die überall im Namen der Freiheit verübt wurden.
Robespierre dagegen wurde von einer unnennbaren Angst vor den übrigen
Jakobinern umhergeirieben; er wußte, sie haßten und verachteten ihn — wie
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Extrahierte Personennamen: Danton
Extrahierte Ortsnamen: Paris Lyon Lyon Toulon Lyon Toulon Toulon Nantes
119
daher wurde der Abzug sehr aufgehalten. Dann stieß, von den Hintern ge-
drängt, der Stärkere den Schwächern gefühllos in den Fluß hinab.
Dieses wilde Gedränge währte den ganzen 28. November bis in die
Nacht hinein. Um 9 Uhr zogen diejenigen Soldaten, die bisher die Russen
aufgehalten hatten, herbei, und bahnten sich einen gräßlichen Weg, und am
andern Morgen, als eben die Russen anrückten, wurde die Brücke abgebrannt.
Alle die Unglücklichen, welche noch zurück waren, liefen nun in Berzweiflung
am Ufer umher; Einige suchten hinüberzuschwimmen, Andere wagten sich auf
die schwimmenden Eisschollen, und noch Andere stürzten sich, jeder Ueber-
legung beraubt, in die Flammen hinein. Der Ueberrest fiel den erbitterten
Russen in die Hände, welche die Meisten todtstachen; am Leben Erhaltene
wurden mit Knutenhieben ins Innere von Rußland zurückgetrieben. Die über
die Brücke Entkommenen wären noch verloren gewesen, hätten nicht die Russen
unbegreiflicher Weise alle die langen, über die Sümpfe der Berezina führen-
den Brücken stehen lassen; aber die Meisten waren nur gerettet, um eines
noch grausameren Todes zu sterben; denn die Kälte wurde von Tage zu
Tage strenger, und nun ging die Noch erst recht an. Die letzte Spur von
Ordnung war aufgelöst; Alle liefen durch einander, so wie Jeden die Flucht
trieb.
Napoleon war bisher mit den Garden vor dem Heere hergezogen, und
hatte bei dem Anblicke des gränzenlosen Elends kein Zeichen der Theilnahmc
gegeben. Am 5. December spät Abends verließ er in Smorgonie, von
Caulincourt (gest. 1827) allein begleitet, das Heer, und eilte auf einem
Schlitten durch Polen und Deutschland nach Paris zurück. Bon nun an
hörte jeder Gehorsam auf; Jeder that nur, was er selbst wollte. Der na-
gendste Hunger, die fürchterlichste Kälte bei dem Mangel an warmer Be-
kleidung raubte Bielen die Besinnung, und tödtete jedes Mitgefühl. Wie
wilde Thiere dachte Jeder nur an Stillung seines Hungers; sobald ein Pferd
fiel, stürzten die Hungrigen darauf los, zerrissen es in Fetzen, und schlugen
sich darum. Sank ein Sterbender um, so warteten die Andern nicht seinen
letzten Athemzug ab, sondern entrissen ihm seine Kleider sogleich. Bergebenö
streckte der Hülflose seine Hand aus; Keiner reichte ihm die seinige, um ihm
aufzuhelfen; wer einmal fiel, war verloren, weil es ihm an Kräften gebrach,
sich wieder zu erheben. Es herrschte eine Todtenstille; Jeder war mit seinem
Schicksale beschäftigt, und wanderte in dumpfer Ergebung vor sich hin. Noch
gräßlicher als die Tage waren die langen Nächte. War es gelungen, ein
Feuer anzumachen, so kamen jeden Augenblick todtenähnliche Gestalten her-
beigewankt, um sich zu erwärmen, wurden aber zurückgestoßen. Die einen
Platz fanden, setzten sich auf die herumliegenden Leichen, weil es ihnen an
Kraft fehlte, sie fortzuschaffen. Andere waren von der Kälte und dem Hun-
ger wahnsinnig geworden; sie rannten auf das Feuer zu, grinzten, fletschten
die Zähne, und stürzten sich mit einem höllischen Lachen in die Gluth, wo
sie unter gräßlichen Zuckungen ihren Tod fanden.
So erreichten die Ueberreste des großen Heeres am 9. December die
Stadt Wilna. Die Kälte war jetzt bis auf 28 Grad gestiegen. Hier hofften
sie einige Ruhe zu genießen; aber die Russen jagten sie bald wiederauf, und
das Geschrei: „Kosacken! Kosacken!" setzte die Unglücklichen wieder in Be-
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Bergebenö
Extrahierte Ortsnamen: Berezina Polen Deutschland Paris Wilna
120
wegung. Die zum Fliehen zu schwach waren, wurden von den Kosacken nie-
dergemetzelt. Als nun endlich die Fliehenden die polnische Gränze erreichten,
waren von der ganzen großen Armee nur noch einige Hundert Mann der
alten Garde unter den Waffen, und das Corps des Vicekönigs Eugen war
so zusammengeschmolzen, daß es in einem einzigen kleinen Zimmer Platz
hatte. Wie ungeheuer der Verlust der Franzosen in Rußland gewesen sei,
geht daraus hervor, daß in den ersten Monaten des folgenden Jahres, als
die Schneedecke wegthaute, und die Leichen zum Vorschein kamen, 243,000
französische Leichname verscharrt oder verbrannt worden sind, und doch war
der Befehl, sie zu zählen, erst da angekommen, als schon Viele auf die
Seite geschafft waren. In Wilna allein sind 70,000 Leichen beerdigt wor-
den! Welche Angst, Mühe und Sorgfalt kostet es nicht einer Mutter, ehe
sie ein Kind aufzieht, und hier wurden die Menschen, um des Ehrgeizes
eines Einzigen willen, zu Hunderttausenden kläglich hingeopfert!
Besser war es allerdings den seitwärts geschobenen Heeren gegangen.
Oudinot hatte sich mit Wittgenstein mehrmals gemessen, aber nicht nach
Petersburg Vordringen können, und als Napoleon von Moskau zurückkehrte,
war Oudinot ihm zu Hülse geeilt, aber auch seine Soldaten hatten meist
dem allgemeinen Verderben unterlegen. Witgenstein war ihm gefolgt, und
an der Berezina mit Kutusow zusammengetroffen. — Macdouald, mit dem
das preußische Corps vereinigt war, hatte Riga nicht einnehmen können, und
als die Kälte so grimmig wurde, und das Hauptheer die Flucht ergriffen
hatte, zog er sich nach Preußen zurück. General Jork aber, welcher die
Preußen führte, und die Niederlage der Franzosen erfahren hatte, erkannte,
daß dieselbe das Bündniß mit Frankreich auflösen müsse. Ohne noch zu
wissen, ob es sein König billigen werde, allein von seinem richtigen Sinne
geleitet, trennte er sich von Macdonald, und schloß mit den Russen einen
Vertrag (30. December), nach welchem das preußische Corps für neutral
erklärt wurde. — Fürst S chwarzenberg, der das östreichische Hülfscorps
und die Sachsen auf dem rechten französischen Flügel führte, hatte Wenig
ausgerichtet, und sich nach Beendigung des Feldzugs zurückgezogen.
Nach Napoleons Abreise hatte der König von Neapel den Oberbefehl
geführt, und die traurigen Ueberreste bis nach Posen gebracht, wo sie in der
Mitte des Januars 1813 eintrafeu. Von hier reiste er nach Italien zurück,
und Eugen trat in seine Stelle. Dieser führte jene langsam bis hinter die
Elbe, und erwartete hier die ihm von Napoleon versprochenen Verstär-
kungen.
So endete ein Feldzug, der mit größeren Mitteln als je einer in frühe-
rer Zeit unternommen war, auf eine beispiellose Art, mit der Vernichtung
von mehr als 500,000 Menschen. Welche Verantwortlichkeit für den muth-
willigen Urheber dieses Kriegs!
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T21: [Napoleon Bluch Heer General Preußen Franzose Schlacht Armee Mann Wellington], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung]]
Extrahierte Personennamen: Eugen Eugen Petersburg Napoleon Macdonald Napoleons Napoleons Eugen Eugen Napoleon
158
das gelbe Band ab; darüber entstand ein entsetzlicher Aufruhr. Das Volk
griff zu den Waffen, fiel über die Soldaten her, zerstörte den Palast des
Generals, der eilig die Flucht ergreifen mußte, und wüthete drei Tage lang
aufs Fürchterlichste gegen die Soldaten und die Anhänger des Königs. Die
Meisten wurden ermordert, die Andern in die Kerker geworfen, und 3—400u
Leichen lagen in den Straßen umher. Selbst mehrere der Angesehensten der
Stadt wurden getödtet, ihre Köpfe auf Stangen umher getragen, und ihre
Körper geviertheilt. Sogar der Erzbischof, der mit Vortragung des Kreuzes
das Volk zur Ruhe ermahnte, richtete nichts ans. Diefe Unruhen währten
2 Monate; es war eine völlige Anarchie, wo nur Pöbel herrschte. Da
wurde endlich General Pepe mit Soldaten von Neapel aus nach der Insel
geschickt. Während er die Stadt zu erstürmen suchte, warf die Flotte Bom-
den und Granaten hinein. Endlich drang er ein, und nun erfolgte ein gräß-
liches Blutbad. Aus allen Häusern wurde geschossen, hier und da brachen
Feuersbrünste ans, und vermehrten das Fürchterliche der Scene. So dauerte
der Kampf mehrere Tage, bis es endlich den Soldaten gelang, sich der Stadt
zu bemächtigen, und nun wurde ein grausames Blutgericht über die Meuterer
gehalten.
Daß diese Revolutionen den Fürsten der andern europäischen Länder
nicht gleichgültig sein konnten, war wohl natürlich. Schon 1818 hatten die
beiden Kaiser und der König von Preußen einen Congreß in Aachen ge-
halten, und beschlossen, ihr Heer, welches noch in Frankreich stand, zurück-
zurufen, weil die Franzosen sehr darum baten, und sich bisher ziemlich ruhig
gehalten hatten. Als nun die Revolutionen in Spanien, Neapel und Por-
tugal zu ihrer Kunde kamen, hielten sie vom 20. Oct. 1820 an einen Con-
greß in Troppau in Schlesien, und luden den König Ferdinaitd von
Neapel dazu ein. Da dieser aber nicht gleich kommen konnte, so kamen sie
im Januar 1821 zu einem Congresse in Laibach in Oestreich wieder
zusammen, und hier fand sich auch der alte Ferdinand ein, nachdem er die
Zustimmung seines Parlaments zu der Reise auf die Versicherung erhalten
hatte, daß die Verfassung aufrecht erhalten werden solle. Dem aber trat
der entschiedene Wille des Congresses, dessen Beschlüsse hauptsächlich von
Metternich geleitet wurden, entgegen, und Ferdinand wurde ümgestimmt.
Also protestirte er feierlichst gegen seine Abdankung, erklärte seine Einwilligung
in die spanische Verfassung für erzwungen, und Kaiser Franz schickte ein Heer
nach Italien, die Verfassung zu stürzen, und den alten König wieder in seine
unumschränkte Gewalt einzusetzen. Die Neapolitaner rüsteten sich geschwind,
und schwuren mehr als einmal, lieber zu sterben, als die Feinde ins Land
zu lassen und die Verfassung aufzugeben. Sobald aber der östreichiscke Feld-
herr, General Frimont, anrückte, ergriffen die feigen Menschen die Flucht,
zerstreuten sich in die Gebirge, und schossen auf ihre eigenen Offiziere, wenn
diese sie zum Stehen bringen wollten. Bald zeigte sich, daß das Volk an
der Revolution wenig Vergnügen gefunden hatte; wenigstens nahm es die
Oestreicher, als sie 24. März (1821) in Neapel einzogen, als Befreier auf,
und der Krieg hatte ein so schnelles Ende, wie der sechs Jahre vorher gegen
Murat. Die eifrigsten Carbonari verließen schnell das Land, und suchten in
Spanien eine Zuflucht; die alte Regierung wurde mit wenigen Veränderungen
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland]]
TM Hauptwörter (200): [T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz], T197: [Italien Mailand Stadt Rom Venedig Neapel Republik Kaiser Genua Sardinie], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer]]
Extrahierte Personennamen: Ferdinand Metternich Ferdinand Ferdinand Franz Franz
Der trojanische Krieg.
9
Freunde des Erschlagenen von ihm abzuwenden; auf der andern
Seite wurde dem Sieger Beistand geleistet, und so entspann sich
allmählich ein größeres Gefecht, in dem noch mancher das Leben
verlor. — Reiterei hatte man noch nicht. Die Fürsten standen
aus kleinen zweispännigen Streitwagen, welche einer ihrer Freunde
leitete, und fochten wie der gemeine Mann. Helden wie Achil-
leus, Hektor, Diomedes konnten ganze Haufen in die Flucht
jagen.
Nach einem blutigen Kampfe, in welchem viele gefallen wa-
ren, trat gewöhnlich des folgenden Tages Waffenruhe ein, damit
jede Parthei ihre Todten ungestört aufsuchen und ordentlich be-
statten konnte. Die Leichname wurden verbrannt, ihre Gebeine
in eine Urne gelegt und darauf ein Grabeshügel errichtet. Be-
rühmte Helden ehrte man nach ihrem Tode dadurch , daß man
an ihrer Begräbnißstätte Spiele veranstaltete, welche im Ringen,
Werfen, Faustkampfe, Wagenrennen, in Wettlaufen u. drgl.
bestanden. Die Sieger empfingen köstliche Preise, etwa eine in
Kunstarbeiten geübte Sklavin, ein Paar treffliche Pferde, schöne
Waffen, künstlich gearbeitete Kessel, Becken, Becher.
Ein unglückseliger Streit zwischen zwei der angesehensten
Helden brachte den Griechen großes Unglück. Agamemnon hatte
nämlich dem Achilleus seine schöne Sklavin Brise'is mit Gewalt
wegnehmen lassen, worüber dieser so erbittert war, daß er an
dem Kampfe gegen Troja von Stund an keinen Antheil mehr
nahm. War es ja doch die Sache des Menelaos, dessen Bruder
ihn so tief verletzt hatte! Er bezog mit seinen Myrmidonen ein
abgesondertes Lager; Jagd und Plünderung waren seine einzige
Beschäftigung. Jetzt wüthete Hectors Lanze schrecklich unter den
Griechen; keiner konnte ihm widerstehen, viele der angesehensten
Männer und eine Menge Volks sandte er in die Unterwelt. Ein
Abgesandter nach dem andern wurde zu dem schwer beleidigten
Achilleus geschickt, um ihn zu bewegen, sich seiner schwer be-
drängten Landsleute wieder anzunehnvn; allein der harte Mann
blieb mit eisernem Sinne bei seinem Entschlüsse. Selbst das
Versprechen, daß er die Brise'is wieder bekommen und noch viele
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T190: [Odysseus König Held Sohn Troja Vater Schiff Agamemnon Insel Theseus], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T167: [Fest Tag Kirche Jerusalem Spiel Stadt Hofer Volk Jahr Zeit]]
88
Alexander der Große.
nes, gab ihm sein. Reich mit Erweiterungen zurück und machte
idu sich zum Freunde und Verbündeten. — Das Andenken an
den herrlichen Sieg sollte eine neue Stadt verewigen, welche den
Namen Nikäa (Siegesstadt) erhielt. Auch dem Streitrosse des
Königs ward ein Denkmal geweiht. Beim Uebergange über den
Hydaspes starb es, 30 Jahre alt. An dieser Stelle gründete
Alexander dem treuen Thiere zu Ehren, welches bis an sein
Ende keinen andern als ihn hatte aufsitzen lassen, die Stadt
Bukephala.
Alexander überschritt siegreich den Akesines (Dschinäb)
und Hydraotes (Rawi), und wäre vielleicht noch bis zum
Ganges vorgedrungen, hätte ihm nicht die Widerspenstigkeit
seiner Krieger am Hyphasis (Beyah) ein Ziel gesteckt. Auch
die glänzendsten Aussichten und Versprechungen konnten sie nicht
bewegen, ihm werter zu folgen. Da ließ er zwölf thurmhohe
Altäre errichten, brachte auf denselben den Göttern, die ihn
siegreich bis hieher geführt, ein Dankopser dar, veranstaltete da-
bei festliche Kampfspiele und trat dann den Rückzug an. Er
selbst fuhr mit dem dritten Theile des Heeres den Hydaspes hin-
unter, während Krateros am westlichen Hephästion am östli-
chen Ufer des Flusses hinzog. Die Hauptstadt der Maller am
Akesines mußte mit Sturm, genommen werden. Alexander selbst
erstieg mit Peukestes und Leonnatos zuerst die Mauern der
Burg; hinter ihm brach die Leiter, und mit zwei Gefährten stand
er nun den Wurfspießen und Pfeilen der Feinde ausgesetzt.
Schnell entschlossen sprang er unter die Feinde hinunter und
kämpfte, von Peukestes und Levnnatoö unterstützt, an die Mauer
gelehnt, bis er, von einem Pfeile in die Brust getroffen, ohn-
mächtig niedersank. Jetzt kam Hülfe; die Maller mußten wei-
chen, und der blutende Held ward ans seinem Sebilde weggetra-
gen. Erst nach mehreren Wochen war er wieder hergestellt. Die
rath- und trostlosen Krieger wollten an seine Genesung gar nicht
glauben. Und als er wieder zu Pferde erschien, brach das ganze
Heer in betäubenden Jubel ans, daß User und Wälder wieder-
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T14: [König Reich Alexander Perser Stadt Sohn Land Cyrus Babylon Syrien], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T128: [Kaiser Heer Reich Stadt Jahr Alexander Rom Zug Tod Konstantinopel], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T85: [König Alexander Reich Sohn Perser Tod Syrien Darius Cyrus Provinz]]
Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Peukestes